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  • Linus Graber
  • 8. Aug.

Comeback des Klamauks – Das Reboot der berühmten Comedy-Reihe will, dass im Kino wieder gelacht wird.


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Komödien auf der grossen Leinwand sind im Streaming-Zeitalter zur Seltenheit geworden. Sie werden von Studios üblicherweise direkt über Streaming-Plattformen veröffentlicht, ohne einen Kinostart zu bekommen. Ein aktuelles Beispiel dafür ist etwa Adam Sandlers «Happy Gilmore 2», welcher letzten Monat direkt auf Netflix veröffentlicht wurde. Das Studio Paramount will dieser Rezession von Komödien im Kino entgegenwirken: «The Naked Gun» (2025) bildet nicht nur den Versuch, die beliebte Comedy-Reihe zurückzubringen, sondern auch den Entschluss, das Genre wieder auf die Leinwand zu bringen.


Im Reboot der «Naked Gun»-Reihe schlüpft Liam Neeson in die Rolle von Lieutenant Frank Drebin Jr., dem Sohn von Leslie Nielsens Figur der originalen Trilogie. Nach dem Diebstahl eines Geräts namens P.L.O.T. Device, eingefädelt vom Tech-Milliardär Simon Davenport (Danny Huston), lernt Drebin Jr. Beth kennen (Pamela Anderson). Die beiden beginnen daraufhin eine Verschwörung aufzudecken, die das Schicksal der Welt bestimmt.


Wer mit dem «Naked Gun»-Franchise vertraut ist, weiss, dass die Handlung nicht nebensächlicher sein könnte. Der Plot besteht aus der Blaupause eines Polizeithrillers: böser Unternehmer, Femme fatale und internationale Verschwörung. Die Geschichte dient allerdings nur als Kulisse für das Gag-Feuerwerk, das sich davor abspielt. Im gefühlten Sekundentakt feuerten die originalen «Naked Gun»-Filme Gags ab. Von absurd über clever bis schlichtweg stumpf war alles dabei. Manchmal funktioniert ein Gag nicht, dann ist aber schon der nächste da. Was den Humor der Filme allerdings vor allem ausmacht, ist ihre Ernsthaftigkeit. Witze werden nicht mit Augenzwinkern und übertriebener Manier inszeniert, sondern die Figuren und die Welt nehmen sich ernst. Der Kontrast zwischen dieser Erdung und den absurden Dialogen und Situationen bildet den humoristischen Kern der «Naked Gun»-Filme. Die Macher der originalen Filme, David Zucker, Jerry Zucker und Jim Abrahams, haben in ihren Filmen eine sehr einzigartige Art Humor geprägt, die auch in den folgenden Jahrzehnten nicht wirklich imitiert wurde.


Schafft es nun der neue «The Naked Gun» (2025) diesem Erbe gerecht zu werden? Die Antwort ist: ja, überraschend gut sogar. Natürlich ist der neue Film in vielen Aspekten anders als die alten Filme. Immerhin leben wir aber auch in einem ganz anderen Jahrzehnt und Zeitalter, historisch wie auch filmisch. Das Reboot ist etwas mehr auf seine Handlung fokussiert als noch die Vorgänger. Auch sieht man klar den Einfluss des Regisseurs Akiva Schaffer, welcher Mitglied des Comedy-Trios «Lonely Island» ist. Manche Gags erinnern dadurch eher an den «Lonely Island»-Stil als an das Original – was nicht per se schlecht ist. Wie gesagt leben wir in einer anderen Zeit – ein verkrampfter Imitationsversuch der alten Filme hätte mit grosser Sicherheit katastrophal geendet.


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Trotz der erkennbar neuen Handschrift schafft es «The Naked Gun» (2025) nämlich, den Prinzipien des «Naked Gun»-Humors treu zu bleiben: Die Welt nimmt sich ernst, die Figuren nehmen sich ernst, und Dialoge werden ernsthaft inszeniert. Liam Neeson als Frank Drebin Jr. ist dabei grossartig gecastet. Er spielt zwar ganz anders als Leslie Nielsen, verleiht aber seinen Sätzen eine Gravitas, die dem Humor des Films perfekt in die Hände spielt. Gut war die Entscheidung, nicht einen Komödienstar zu engagieren, sondern jemanden, den man vor allem aus dem Actionkino kennt. Auch Pamela Anderson, die aktuell ja ein gewisses Karriere-Revival feiert, spielt ihre Rolle perfekt auf die Stärken des Films gemünzt.


Der Film ist schlussendlich nicht ohne seine Schwächen. Insbesondere der Mittelteil fokussiert sich etwas zu sehr auf die Handlung, wodurch das Gag-Feuerwerk etwas abnimmt. Auch nutzen sich manche Witze mit der Zeit etwas ab. Allerdings sollte man sich erinnern, dass auch die Originaltrilogie nicht ohne Makel ist und nicht alle Gags zündeten. Schlussendlich darf sich noch anmerken lassen, dass Humor natürlich etwas sehr Subjektives ist. Wer allerdings mit den alten «Naked Gun»-Filmen oder «Lonely Island» etwas anfangen kann, dem kann ich den Film nur wärmstens ans Herz legen. Nicht jeder Gag wird zünden, aber mit knackigen 85 Minuten kann man eigentlich wenig falsch machen. Ob Paramounts Versuch gelingt, Komödien wieder ins Kino zu bringen, wird sich mit den Zahlen zeigen. Es ist allerdings wieder einmal schön, in einem Kinosaal zu sitzen und mit einem Publikum gemeinsam zu lachen. Gerne mehr davon!





 
 
 
  • Linus Graber
  • 13. Juni

Aktualisiert: 20. Juni

Turbulente Zeiten – Der neue Dokumentarfilm zeigt John Lennon und Yoko Ono in ihrem ersten Jahr in den USA – zwischen Protesten, Skandalen und dem Finden der eigenen Rolle.

Yoko Ono und John Lennon beim «One to One»-Konzert im Madison Square Garden in New York.
Yoko Ono und John Lennon beim «One to One»-Konzert im Madison Square Garden in New York.

Als großer Beatles-Fan bin ich in einer Sache einfach gestrickt: Wenn ein Film verspricht, nie zuvor gesehene Archivaufnahmen der Band zu veröffentlichen oder altes Material zu restaurieren, bin ich am Start. Manchmal mündet diese Bereitschaft in milder Enttäuschung, wie etwa jüngst beim von Martin Scorsese für Disney+ produzierten Dokumentarfilm «Beatles '64», welcher die ersten drei Wochen der Beatles in Amerika und ihren damaligen kulturellen Einfluss porträtiert. Dieser Fokus auf nur einen kleinen Abschnitt der Band hört sich interessant an, mündete allerdings in einen Film, der nicht viel Neues zu erzählen hatte und mit unzähligen Talking Heads die Zeit zu überbrücken versuchte.

 

Das Konzept, sich auf einen kleinen Zeitabschnitt zu fokussieren, verfolgt auch der Film «John & Yoko: One to One», welcher aktuell in den Kinos läuft. Mitproduziert vom Sohn Sean Lennon, beleuchtet der Film John Lennons und Yoko Onos Leben in New York im Jahr 1972. Der Ausgangspunkt bildet das Wohltätigkeitskonzert «One to One», Lennons letztes abendfüllendes Konzert vor seinem Tod. Die restaurierten Aufnahmen dieses Konzerts werden vermischt mit Archivaufnahmen dieser Zeitperiode – nicht nur von Lennon und Yoko, sondern auch vom Aktivismus gegen den Krieg in Vietnam, Richard Nixons Präsidentschaft und sonstigen Zeitdokumenten, etwa in Form von Werbungen.


Anders als in «Beatles '64», wo alte Musikerinnen und Musiker in der Erinnerung schwelgen, ihr erstes Beatles-Album gekauft zu haben, schafft es das Regieduo Kevin MacDonald und Sam Rice-Edwards durch die Montage einen Einblick in das Amerika von 1972 zu geben. Dieses ist geprägt von einem Krieg auf einem anderen Kontinent, einem republikanischen Präsidenten, der wiedergewählt werden will, Aktivisten wie Jerry Rubin und Allen Ginsberg, und natürlich John Lennon und Yoko Ono, die frisch von London ins Village nach New York gezogen sind und nun an vorderster Front Teil des kulturellen Wandels sein wollen.


Der eigentliche Aufhänger des Films, das «One to One»-Konzert, rückt schnell in den Hintergrund. Vielmehr will uns der Film das Porträt einer Nation vermitteln, die sich im Zwiespalt befindet. Es werden Aufnahmen aus Vietnam gezeigt, Nixon, der von der Bevölkerung gefeiert wird, und Demonstranten auf der Strasse. Dabei liegt der Bezug zur aktuellen Weltlage nicht fern (Palästina und Donald Trump) – eine Beobachtung, derer sich die Filmemacher mit grosser Wahrscheinlichkeit bewusst waren.


Das Künstlerpaar zog in eine kleine Wohnung ins Greenwich Village.
Das Künstlerpaar zog in eine kleine Wohnung ins Greenwich Village.

Das Ziel des Films ist es schlussendlich aber nicht, die Amtszeit von Donald Trump mit der Nixon-Ära gleichzusetzen, auch wenn dieses Gefühl immer wieder mitschwingt. Es geht darum, welchen Platz John und Yoko inmitten dieser Unruhen einnehmen. Dieser Frage muss sich auch das Paar stellen. Neu in New York, freunden sich die beiden schnell mit Künstlern, Aktivisten und Intellektuellen an. Man sieht, wie Lennon und Ono helfen wollen – etwa indem sie Jerry Rubin in eine Talkshow holen oder bei Demonstrationen auftreten. Gleichzeitig wirken sie aber immer wieder etwas orientierungslos. Über neu veröffentlichte Telefonate erfahren wir von einer nie zustande gekommene Konzerttour, in welcher Lennon in jeder auf der Tour besuchten Stadt eine gewisse Anzahl Häftlinge auf Kaution freikaufen wollte. Das Telefonat zwischen Lennon und seinem damaligen Manager Allen Klein wirkt zeitweise fast absurd – etwa in einem Moment, in welchem sie darüber diskutieren, wie sie die Auswahl der freizukaufenden Häftlinge treffen wollen. Klein schlägt vor, einfach alphabetisch von A nach Z zu gehen; Lennon ist sich noch unsicher, wie die Auswahl getroffen werden soll, findet aber die Idee schon mal «fucking great». Lennon und Ono wollen einen produktiveren Beitrag an den Aktivismus leisten, statt nur ihrer Kunst. Ganz so einfach ist das für die beiden aber nicht.


Lennon und Ono wollen einen produktiveren Beitrag an den Aktivismus leisten, statt nur ihrer Kunst. Ganz so einfach ist das für die beiden aber nicht. Oft handeln sie überstürzt und wirken in den politischen Unruhen fast etwas verloren . Wirklich kritisch wird der Film mit Lennon und Ono aber nicht – was nicht zuletzt an der Mitwirkung von Sohn Sean Lennon liegen dürfte. Lennons Worte im Song «Mother», den er auch am «One to One»-Konzert singt, in denen er seinen Vater anschuldigt, ihn verlassen zu haben, wirken zynisch, wenn man bedenkt, dass Lennon für seinen Sohn aus erster Ehe, Julian Lennon, fast nie anwesend war.


Der Fokus des Films liegt allerdings auch ganz woanders. Im Gegensatz zu «Beatles '64» gelingt es «John & Yoko: One to One» durch toll zusammengeschnittenes Archivmaterial einen ganz bestimmten zeitlichen Einblick zu gewähren – nicht nur in das Leben John Lennons und Yoko Onos, sondern auch in die Geschichte Amerikas. Nicht nur Beatles- und Lennon-Fans ist dieser Film wärmstens zu empfehlen, sondern auch all jenen, die angesichts der aktuellen Ereignisse mal wieder eine historische Auffrischlektion benötigen.






 
 
 

Das Erbe und die Kunst – In seinem neusten Film verführt Wes Anderson ins fiktive Phönizien – und zeigt sich dabei überraschend persönlich.

Anatole "Zsa-Zsa" Korda (Benicio Del Toro) will das seine Tochter Liesl (Mia Threapleton) sein Industrieimperium übernimmt.
Anatole "Zsa-Zsa" Korda (Benicio Del Toro) will das seine Tochter Liesl (Mia Threapleton) sein Industrieimperium übernimmt.

Nur wenige Filmschaffende besitzen eine so deutliche künstlerische Handschrift wie Wes Anderson. Dies hat zur Folge, dass der Regisseur in der Öffentlichkeit sehr umstritten ist: Manche halten ihn für einen der grossartigsten Regisseure unserer Zeit, andere für einen Hochstapler, dessen markanter Stil vom fehlenden Inhalt seiner Filme ablenken soll. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Auch wenn sich viele an seinem Stil mittlerweile sattgesehen haben, darf man nicht vergessen, dass Wes Andersons bilderbuchhafte Filmästhetik eine willkommene Abwechslung zum Hollywood-Einheitsbrei war – bzw. immer noch ist. Gleichzeitig wundert es nicht, dass viele Zuschauer*innen nach über 20 Jahren mehr vom Regisseur erwarten als symmetrische Bilder, hübsche Pastellfarben und trockenen Galgenhumor.


Wer sich also mit einem Wes-Anderson-Burnout konfrontiert sieht, dem dürfte «Der phönizische Meisterstreich» (OT «The Phoenician Scheme») möglicherweise Erlösung bringen. Keine Frage: Der Film ist durch und durch ein Wes-Anderson-Film – mit all den bereits erwähnten, typischen Eigenschaften. Gleichzeitig ist «Der phönizische Meisterstreich» aber persönlicher, politischer und auch lustiger als viele seiner bisherigen Filme.


Im Zentrum der Geschichte steht der fiktive Industriemagnat Anatole "Zsa-Zsa" Korda, gespielt von Benicio Del Toro. Als er sich nach einem erneuten Attentatsversuch auf sein Leben mit seiner eigenen Sterblichkeit konfrontiert sieht, beschliesst er, im fiktiven Phönezien ein grossangelegtes Infrastrukturprojekt durchzusetzen, welches seinen Reichtum absichern soll. Als dieses Projekt von einer Geheimkommission gefährdet wird, bricht Zsa-Zsa nach Phönezien auf, um mit den Projekt-Investoren eine Überbrückungsfinanzierung zu verhandeln. Dabei nimmt er seine Tochter mit – die angehende Nonne Liesl (Mia Threapleton), die er gleichzeitig zu seiner alleinigen Erbin ausbilden will – sowie den norwegischen Privatlehrer und Insektenforscher Bjorn (Michael Cera).


Das Trio von Benicio Del Toro, Mia Threapleton und Michael Cera führt grossartig durch den Film.
Das Trio von Benicio Del Toro, Mia Threapleton und Michael Cera führt grossartig durch den Film.

Oberflächlich betrachtet könnte dieser Film schnell herausfordernd wirken: Finanzielle Verhandlungen über ein Infrastrukturprojekt hören sich im ersten Moment nicht wie eine besonders spannende Handlung an. In typischer Wes-Anderson-Manier wird jedoch durch Situationskomik durch den Film geleitet, sodass die Handlung nie trocken wirkt. Zum einen gelingt das durch den grossartigen Supporting Cast, welcher mal wieder von Starpower nur so strotzt (Tom Hanks, Bryan Cranston, Scarlett Johansson, Bill Murray – um nur ein paar zu nennen). Zum anderen aber auch durch das Zusammenspiel der drei Figuren im Zentrum. Die Gespräche zwischen Zsa-Zsa, der sich seiner eigenen Verwerflichkeit nicht nur bewusst ist, sondern sie vollumfänglich annimmt, und seiner Tochter Liesl, die sich mit ihrer geistlichen Hingabe der weltlichen Korruption ihres Vaters entgegenstemmt, sind nicht nur humoristisch unterhaltsam, sondern tatsächlich auch effektiv darin, eine allmähliche Regenerierung eines gebrochenen Vater-Tochter-Verhältnisses aufzubauen, um welches man sich kümmert. Ergänzt wird dieses Verhältnis durch Michael Ceras Figur, welche als Brücke zwischen den beiden eine willkommene, auflockernde Rolle einnimmt. Daraus ergibt sich ein Film, dessen Inhalt weniger durch die Handlung, sondern mehr durch die Figuren kommuniziert wird.


Immer mal wieder hat Zsa-Zsa Visionen vom Himmel, in welchem er etwa von seiner eigenen Mutter nicht mehr erkannt wird. Diese Einschübe verleihen dem Film eine existenzialistische Note – aber auch etwas sehr Persönliches. Was will man der Nachwelt hinterlassen, und kann man am Ende auf das stolz sein, was man war? Zsa-Zsas Ambition, mit seinem Industrieimperium ein Erbe für die Nachwelt zu schaffen, kann auch als künstlerischer Impuls gelesen werden, vor dem Tod ein Werk für die Ewigkeit zu schaffen. Ein derart selbstreflektierter Blick auf das eigene Schaffen ist ungewohnt vom 56-jährigen Regisseur, doch genau das macht «The Phoenician Scheme» zu einem seiner interessanteren Werke.


In gewohntem Stil: Wes Andersons Ästhetik ist unverwechselbar.
In gewohntem Stil: Wes Andersons Ästhetik ist unverwechselbar.

Zuschauer*innen, die mit vergangenen Wes-Anderson-Filmen Mühe hatten, werden wahrscheinlich auch mit diesem Film ihre Probleme haben. Trotz der bereits herausgestellten Qualitäten macht der Film insgesamt zu wenig, um ihn aus dem Gesamtwerk des Regisseurs herauszuheben. Man sieht den Anfang einer möglichen Entwicklung, aber noch keinen voll ausgereiften Gedanken. Auch visuell sticht der Film schlussendlich zu wenig heraus, um sich von seinen anderen Projekten wirklich abzuheben. Wer allerdings generell seinem Stil etwas abgewinnen kann, dem würde ich den Besuch im Kino wärmstens empfehlen.






 
 
 
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